Sunday Thoughts: "Von Löwen und Antilopen"
Der einsame Hügel mitten in den Weiten der Savanne bot Zamba eine optimale Möglichkeit die kommende Herde zu beobachten und dennoch bis zuletzt unerkannt zu bleiben. Es war für ihn leider die einzige Möglichkeit sich dem bewegten Trubel anzuschließen, ohne sogleich eine noch größere Aufruhr zu verursachen. Warum nur erkannten die langbeinigen Antilopen nicht, dass er im Herzen einer von ihnen sein wollte... Klar, sein Spiegelbild bei den Trinkpausen am Bach zeigte auch ihm ganz deutlich, dass er sich immens von ihnen unterschied, aber warum soll die Erscheinung denn so viel wichtiger sein, als sein Wille sich ihnen anzuschließen? Die Herde kam immer näher...
"Ich sehe dich, mein Sohn!!" ertönte die laute Stimme seines Vaters Mafioza und ließ den kleinen Löwen wie angewurzelt stehen, obwohl er nur einen Hauch davon entfernt war sich der vorbeihetzenden Herde anzuschließen. Der Anführer des Löwenrudels traute seinen Mitjägern die weitere Verfolgung der Antilopen an und erkannte, dass er die Situation lieber für ein Gesrpäch mit seinem Sohn nutzen wollte. "Und wenn du nicht nur deine Augen, sondern auch deinen Geist öffnest, wirst du dich selbst genauso ersehen. Denn nur auf diesem Wege kannst du erkennen, dass die Realität immer viel schöner ist, als deine bisherige Idealvorstellung von ihr. Ja, du wirst niemals eine Antilope sein können und das mag dich erst einmal unfassbar traurig machen... Aber glücklich kannst du nicht werden, wenn du die Realität bis zum Lebensende verweigerst, sondern indem du die materielle Welt akzeptierst."
Zamba war am Boden zerstört. Es war das erste derartig offene Gespräch mit seinem Vater. "Warum nur kann ich deine Ratschläge noch nicht so richtig verstehen, Papa?"
"Weil du die Vorteile, welche dir von der chaotischen Natur geschenkt wurden, noch nicht erkennen kannst. Diese Reise braucht viel Zeit und es gibt ständiges Entwicklungspotential. Auch ich kann beispielsweise oft nichts gegen meine Jagdinstinkte machen, obwohl ich sie theoretisch hinterfrage. Aber zumindest muss ich mich nicht mehr mit der Frage beschäftigen welcher Tierart ich entstamme. Ich bin ein Löwe und akzeptiere es."
Den Kleinen verwirrte das Gespräch nun endgültig: "Und, warum jagt Opa dann nur noch so selten? Hat er etwa aufgehört zu akzeptieren, dass er auch ein Löwe ist??" Mafioza schmunzelte so wie ihn sein Sohn bisher noch nie gesehen hat: "Weil dein Opa seine Jagdinstikte nicht nur hinterfragt, sondern sie zudem zielgerichtet einsetzen und selbstbewusst kontrollieren kann. So kann er nämlich viel mehr Zeit mit deiner Oma verbringen..."