10. Die Kleider der Sulker (D - Teil 1)
Damals im Gymnasium sind wir jeden Morgen vom Wohnheim zusammen in Reihen in die Schule gelaufen. Mehrere waren aus Szulok, und ich erinnere mich, wie wir uns gefreut haben und die Nachricht nach hinten weitergegeben haben, dass wir alte Frauen aus Szulok gesehen haben, die vom Bahnhof aus in die Stadt kamen, um einzukaufen. Woher wir wussten, dass sie aus unserem Dorf sind? Wir haben sie an ihrer Kleidung erkannt, da die Älteren Anfang der 60er Jahre noch die traditionelle Schwabentracht getragen haben. Unsere Freude war deswegen so groß, weil wir ein Stück Heimat gesehen haben, zumal wir damals nur einmal im Monat vom Internat nach Hause fahren durften.
In diesem Blogbeitrag möchten wir darüber schreiben, wie die Sulker in alten Zeiten sich kleideten, als die Dorfbewohner es noch für natürlich hielten, die traditionelle Tracht ihrer Vorfahren zu tragen. Wir wollen vor allem zeigen, wie Tracht und bürgerliche Kleidung im 20. Jahrhundert nebeneinander im Dorf zu sehen waren, und wie sich letztere die Tracht langsam abgelöst hat.
1971 habe ich mit meinen SchülerInnen zu einem Projekt des Rippl-Rónai-Museums in Kaposvár eine Forschung zur Dorfgeschichte durchgeführt: Wir haben viele DorfbewohnerInnen interviewt und Fotos gesammelt, und danach die Kleider von Jung und Alt im Dorf vorgestellt.
Unsere Interviewpartner kamen aus der älteren Generation: Huber Simonné (59J), Huber Máténé (63J), Strublits Györgyné (66J), Strublits György (70J), Szeitz János (77J), Huber Simonné (80J). Von Frau Resi Huber (Frank Teréz 1920-2013) und Frau Kathi Engis habe ich später bei einem zweiten Projekt auch viele interessente Informationen erfahren.
Wir möchten nun vor allem diese Daten bei der Beschreibung der sulker Tracht nutzen, so, wie unsere Befragten sich damals erinnert haben, was sie von ihren Eltern erfahren haben - also ca. von der Zeit Ende des 19. Jahrhunderts an. Die Daten aus dem Schulprojekt haben wir mit Beiträgen der ungarndeutschen Forschung abgeglichen und ergänzt, hierbei war uns der Beitrag der Ethnografin Boross Marietta über Sulk (2004) erneut eine große Hilfe (forrás).
Die Fotos, die Sie in diesem Blogbeitrag finden, stammen zum Teil aus diesem Projekt. Wir haben damals leider versäumt, die Namen der Personen auf dem Foto zu notieren und nicht jeden können wir heute identifizieren. Wenn Sie Ihre Vorfahren und Bekannte erkennen, würden wir uns freuen, wenn Sie uns Informationen dazu geben könnten. Viele Fotos fanden wir in unseren Familienalben und wir bedanken uns auch bei unseren treuen LeserInnen, die uns Fotos zur Verfügung gestellt haben.
Die Kleidung der Sulker im Laufe der Jahrhunderte
Auf den ältesten Familienfotos meiner Sammlung aus dem Jahr 1910 tragen Jung und Alt die traditionelle ungarndeutsche Tracht, selbstverständlich die Festtagsvariante davon. Die Kleider der Kinder waren ein exaktes Ebenbild der Eltern. Die Frauen trugen Lewesch mit einer Weste (Leibl) ein Halstuch (Hastichl), die Mädchen statt Lewesch eine Bluse mit Puffärmel (Stutzhemet), einen langen Rock mit kleinen Falten (Faldekhittl) und mehreren Unterröcken, eine Schürze (Schorz) mit bunten Bändern (Schorzpandl) und ein Kopftuch (Kopftichl).
Die Männertracht hat einen stärkeren Wandel im Laufe der Zeit erlebt: Statt der weiten weißen Hose (Gatjehose) trugen die Männer später eine Hose mit weißem Hemd und einer Weste, später auch eine Jacke dazu. Im Winter trugen sie Mäntel mit einer doppelten Knopfreihe oder eine Pelzjacke. Der Hut gehörte natürlich mit dazu, sowe Stiefel oder lange Schnürschuhe. Männer und Frauen trugen auch dicke Wollstrümpfe und an Werktagen gestrickte Schuhe (Patschker) mit Holzschuhen.
Das folgende Foto haben wir damals dem Museum eingesendet und wurde danach in vielen Beiträgen veröffentlicht. Es stellt die Familien Schauer und Sehagel (heute Szehágel) dar und wurde 1918 aufgenommen. Für uns ist das Foto besonders interessant, weil wir daran die Tracht von drei Generationen, beider Geschlechter und unterschiedlich alter Kinder gut beobachten können.
Ab der Jahrhundertwende konnte man auch Leute im Dorf sehen, die keine Tracht trugen, es waren vor allem Handwerker und Händler, die von woanders ins Dorf kamen. Die Handwerker wollten sich auch mit ihrer Kleidung unterscheiden, sie waren - wie es auch ein Artikel aus 1987 bezeugt hatte, die ersten, die Jacken ohne Kragen (Zigrekl) und Hemden mit steifem Kragen trugen. Die Handwerker, die aus Szulok stammten, trugen aber auch die herkömmliche Tracht.
Auf die Änderungen der Kleidung im Dorf übten die Händler im Dorf - Fried-Földes Ármin und Zsigmond, Földes László, Fried Manó und Czink Mátyás - einen großen Einfluss aus. In ihren Geschäften boten sie ein reiches Angebot an schönen Stoffen, bunten Bändern, Textilblumen und Perlen an. Sie haben auch neue Stoffe eingeführt, den geblümten Kaschmir, den Brokat und Seidentücher. Sie warben intensiv für den neuen Stoff Chiffon, der schnell zur Mode wurde und in Festtagskleidung den Leinen erlöst hatte.
Nach dem Krieg begann die Tendenz, dass auch die Sulker Bauer die damalige "ungarische" bzw. städtische Mode übernommen haben. Das Foto unten wurde Ende der 50er Jahre aufgenommen und zeigt die Familie Szikinger: Der Wirt Szikinger József, seine Fraue Rosalie und ihre kleinen Kinder tragen moderne Kleidung, die Großeltern Lempel sind in Tracht. Die Großeltern trugen bis zu ihrem Tod die traditionelle Tracht, im Alltag so wie an Festtagen.
Nach dem Krieg hat sich auch die tradionelle ungarndeutsche Tracht der jüngeren DorfbewohnerInnen geändert: Das Kopftuch ist geblieben, aber die tradionelle Kombination Faltenrock-Lewesch-Leibl wurde durch Rock und Bluse oder Kleid abgelöst, die "Schorz" von einem Kittel.
Auf dem folgenden Bild vom Ende der 40er Jahre sind die Teilnehmerinnen eines Kochkurses abgebildet. Einige tragen noch die traditionelle Tracht und einige eine bürgerliche Kleidung. Dank an Gadár László für das Foto! In der ersten Reihe in der Mitte in kariertem Rock und karierter Jacke steht seine Mutter Gadár Ferencné (Kató), eine der Zuckerbäckerinnen des Dorfes.
Heute sieht man keine Tracht mehr im Dorfalltag. Tracht sieht man nur bei den Auftritten der Volkstanzgruppe und des Chors, ihre Kleider stammen zum Teil aus alten Familienbeständen oder wurden nach alten Schnittmustern und alten Kleidungsstücken neu genäht.
Die Tracht der Frauen
Wir möchten im folgenden die Teile der Frauentracht näher beschreiben. Bei der Beschreibung der Kleidungsstücke nennen wir auch die dorfübliche Bezeichnung im Sulker Dialekt, wie wir sie von unseren Interviewpartnern gehört haben.
Der Name des Kleidungsstückes bringt Ungarn zum Staunen und zum Schmunzeln, er klingt wie "leves", das ungarische Wort für "Suppe". Im Wörterbuch der donauschwäbischen Bekleidungsgewerbe fanden wir nicht nur das Wort, sondern auch einen Hinweis auf Szulok:
Das Wort Lewesch geht in der Tat auf das ungarische Wort "leves" zurück, aber nicht auf die erste Bedeutung "Suppe", sondern auf ein Kleidungsstück aus der Region Ormánság (leves / levess) und in Kalocsa (leveske). Ein leves war dort ein kurzes ungefüttertes Jäckchen, nicht zu eng geschnitten, mit leichten Puffärmeln. (vgl. Mészöly Gedeon: Leves. Magy. Nyelvőr, 1950.
Ein Sulker Lewesch war eine Art Bluse mit langen Ärmeln von einem locker sitzenden Schnitt, die man oben auf dem Rock getragen hat. Es wurde im allgemeinen von einem teuren Stoff angefertigt, aus Kaschmir oder Seide, die Sommervariante aus "Saphir", einer leichten aber dicker gewebten Baumwoll-Seidenmischung. Eine Interviewpartnerin nannte uns noch einen Stoff namens "Lister". Lewesch für den täglichen Gebrauch wurde aus Blaudruck, aus Cretonne (einem Baumwollstoff in Leinwandbindung gewebt, mit einer gröbere Struktur und vom fester Griff) aus Flanell und die Wintervariante aus dickerem Leinen genäht und auch gefüttert.
Vorne wurde eine Lewesch mit mehreren feinen Längstfalten, sog. "Samedl" (aus "Saum") verziert und hatte einen Verschluss aus mehreren kleinen Metallhaken, oder die aus leichteren Stoffen eine Reihe von kleinen Knöpfen aus Glas. Die Festtagsvariante wurde mit Seide, Samt oder in Fabrik hergestellten Saum gesäumt.
Junge Mädchen trugen am Festtagen das Stutzhemet, eine Bluse mit einem weitem Ärmel, oben an der Schulte mit mehreren kleinen Falten. Der weite Ärmel war länger, oberhalb des Ellenbogens durch einen Band zusammengezogen und wurde vorm Tragen stark gestärkt, damit er schön puffig steht.
Das Leibl hielt warm und betonte auch die Figur der Frau. In Szulok war das aus drei Teilen geschnittene gefutterte Leibl Mode (vgl. Manherz K. - Boross M. Volkstrachten der Ungarndeutschen. Bp. 2000. 72.). Das Leibl wurde über Lewesch oder Stutzhemet getragen, die Festtags- und die Alltagsvarianten unterschieden sich im Schnitt und in der Qualität der Stoffe, das Festtagsleibl wurde aus Satin mit kleinen gestickten Blümchen oder Blumensträußchen genäht, mit einem Verschluss aus Haken oder kleinen Knöpfen.
Der Khittl war lang, reichte ursprünglich bei allen Generationen bis zum Knöchel - später wurde er etwas kürzer und endete gut 12-15 cm oberhalb der Fußknöchel (s. Fotos). Als Stoff nahm man gern Blaudruck, Cretonne oder Flanell. Der Khittl für die Festtage war ein Plisseerock mit dünnen Falten (Faldekhittl), der Rock für den Alltag ein einfacher Faltenrock. Der Plisseerock wurde nach dem Tragen immer flach gefaltet und mit einem Band zusammengebunden in der Schublade der Kommode aufbewahrt. Auf die typischen Farben und Muster gehen wir im nächsten Blogbeitrag ein, zumal diese im Dort traditionell nach Generationen und nach Anlass streng geregelt waren.
Die Sulker trugen im Alltag und auch an Feiertagen eine Schürze über dem Rock, um diesen zu Schützen, denn eine Schürze aus Leinen war viel leichter zu waschen als Falten- oder gar Plisseeröcke. An Werktagen trugen die Mädchen und Frauen blaue oder schwarze Schürzen aus Hausleinen, an Festtagen jüngere aus feinerem weißen Leinen aus dem Laden, ältere aus einem glänzenden schwarzen Stoff. Der Schnitt war gleich, reich gerafft und gefaltet an der Taille, hinten nicht ganz geschlossen, vorne von einem Band (Schorzpandl) verziert. Die Farbe des Schorzpandls variierte nach Alter der Frau und nach Anlass, konnte weiß, blau, schwarz oder rot sein. Das lange Schorzpandl wurde auf dem Rücken gekreuzt und reichte oft bis zum Knie. Zur Arbeit trugen die Sulker Frauen einen Kittel aus blaugefärbtem Leinen mit einem Oberteil wie auf dem letzten Foto.
Das Halstichl aus dicker Brokatseide - meist rot mit einer Bordüre aus weißen Blumen - war Bestandteil der festlichen Tracht. Die Frauen trugen es über dem Lewesch, Mädchen über dem Leibl, über der Brust gekreuzt. Das Ende des Tuches wurde mit Nadeln an der Kleidung festgehalten und oben mit einer Brosche oder einer Spiegelnadl verziert. Die reichlich gestickten Tücher konnten die Sulker in den Geschäften im Dorf oder auf dem Markt kaufen.
Im Winter trugen die Frauen ein dickeres Stricktuch aus Wolle. Beliebt war auch der sogenannte "Berliner" - ein dickes quadratisches Wolltuch mit Fransen in schwarz, braun, dunkelbrau und dunkelgrün. Auf dem Bild ein Berliner mit einem typischen Muster, wie es auch die Sulker trugen:
Auf dem Bild unten sieht man Sulker Frauen, die ein Berliner Tuch machen. Dazu kamen Verwandte und Freunde zusammen. Die Fäden wurden auf einem Holzrahmen befestigt, die Frauen saßen um den Rahmen herum und arbeiteten zusammen am Tuch.
Im Winter trugen Frauen oft ein kurzes bunt besticktes Lederjäckchen, mit Pelzfutter - einen "Pelz". Die Jungs trugen ein ähnliches Jäckchen, in brauner Farbe.
Das Kopftuch war fester Bestandteil der Tracht der Frauen, bis auf die Babys von allen in jedem Alter getragen - nur die Farben und die Muster waren unterschiedlich. Auf den Bildern unten kann man gut verfolgen, wie sich die Größe des Kopftuchs und die Art, wie die Frauen es getragen haben, mit der Zeit verändert hatte: Auf dem Alten Foto sind größere Kopftücher zu sehen, die etwas steif wirken (natürlich vom Stoff her oder sie wurden gestärkt) und weit über den Schultern liegen. Die beiden anderen Fotos sind jüngeren Datums (vor und nach dem 2. Weltkrieg), der Zipfel der deutlich kleineren Kopftücher liegt einfach auf dem Rücken und das Tuch reicht nicht mehr über die Schulter.
Unter dem Kopftichl tragen die Sulker eine Haube (Hauwe / Hauwili) mit einem typischen eckigen Schnitt, deren Form man unter dem Kopftuch erkennen kann. Das Kopftuch wurde unter dem Kinn zu einer Schleife gebunden. Das letzte Bild von meiner Schwiegermutter stammt aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg - die junge Frau trägt auch zum modernen Kleid ein Kopftuch, aus der Form geurteilt möglicherweise schon ohne Hauwe.
Hier fehlen uns Fotos, wir kennen die Unterwäsche nur aus den Beschreibungen. Frauen trugen an Werktagen ein langes Hemd aus Leinen, ohne Kragen, am Hals wurde das Hemd ursprünglich von einem "pertli", einem einfachen Bändchen zusammengehalten, später benutzte man auch einen Knopf als Verschluss. Am Hals hatte das Hemd einen Saum, hinten im inneren des Halsausschnitts stickte man mit Kreuzstich die Initialien der Inhaberin hinein und die Nummer des Hemdes: Reichere Bäuerinnen besaßen mitunter sogar 50 Hemden. Der Ärmel war gerade geschnitten und eng, damit es beim Tragen bequemer wird, wurde unter der Achsel ein quadratischer Zwickel eingenäht:
Die weibliche Unterwäsche wurde bis zu den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts aus Hausleinen genäht. Den Faden haben die Sulker Frauen im Winter gesponnen - auf dem Bild unten ist ein Spinnrad aus Szulok zu sehen. Den Leinen haben die örtlichen Weber gewebt, im 20. Jh. waren die beliebtesten Weber im Dorf Kempf András und Hauser József (auf dem Bild mit Frau und Sohn).
Die Sulker Weber haben außer Leinenstoff auch Tischdecken mit rotem Streifenmuster und Stoff für Bettwäsche gewebt.
Die Unterröcke hat man aus weißen Chiffon genäht, mit viel Stoff, reichlich befaltet, an der Taille von einem Band besaumt, den man mit einem Bändchen zusammenziehen konnte. Die Anzahl der Unterröcke variierte je nach Figur der Frau, im allgemeinen waren es 3-4, aber dünnere Frauen trugen oft sogar 6 Unterröcke, damit ihr Rock schön breit wird. Die Unterröcke waren einfach, ohne Verzierung, bis auf den obersten, der unten einen Spitzensaum aus dem Dorfladen bekommen hat - dieser wurde auch Spitz-Khittl genannt.
Die Unterhose wurde von den Töchtern der Handwerkern in Mode gebracht, in den 20er Jahren. Sie wurde aus Chiffon genäht, hatte lange Beine und war in der Mitte offen. Die Mode hat sich schnell verbreitet, schon in den 30er Jahren trugen auch die Bauernstöchter und -frauen eine Unterhose.
Die dicken gestrickten Wollstrümpfe für den Alltag wurden schwarz oder blau, oder mit Nussbaumblättern braun gefärbt, die Festtagsstrümpfe wurden aus weißer Wolle gestrickt.
Die Mädchen haben immer stark aufgepasst, damit ihre schönen weißen Strümpfe keinen Flecken abbekommen, wenn sie sonntags zur Messe gingen.
Mädchen und Frauen trugen an Festtagen schwarze Riemchenschuhe aus Leder- oder Samt, die einen etwas höheren Absatz (ca. 5 cm) hatten. Auf einem Foto konnten wir auch höhere Schnürstiefel mit einem Absatz entdecken.
An Werktagen trugen die Sulker Frauen gern gestrickte Patschker, die genauso wie Socken gestrickt wurden, nur ohne Schaft. Sie wurden oft mit Leder oder später mit Gummi aus alten Fahhradschläuchen besohlt. Für draußen trugen sie dazu Holzschuhe wie auf dem zweiten Bild, aus weichem Holz (Linde, Pappel oder Weide). Bei Frauen waren auch Schuhe mit Holzsohle und Lederoberteil beliebt.
Rippel György war der letzte Handwerker, der in Sulk Holzschuhe geschnitzt hat, über ihn sind mehrere Zeitungsartikel erschienen. (Somogyi Hírlap 1982 und Szabad Föld 1987.)
"Es ist gar nicht egal, aus welchem Holz man die Schuhe schnitzt! Schönes Linden- oder Weidenholz ist das Beste. Die Holzschuhe können so schön warm werden, wenn der Bauer im Winter rausfährt, Dünge zu verteilen, seine Füße werden auf dem Schlitten gar nicht kalt! Um mich kurz zu fassen: man muss frisches Holz dazu benutzen. Wir schneiden das Herzstück des Holzes raus, da drinnen diese Ader, und man kann dann loslegen."
Die Tracht der Männer
Die Sulker, die wir befragt haben, wussten noch, dass die Männer im 19. Jh. noch weite Hosen wie die Ungarn getragen haben, aus blau- oder braungefärbtem oder weißem Hausleinen, die sie "Gatjehose" nannten. Dafür wurden 6-8x die Breite vom Stoff benutzt. Es war üblich, den Band zu besticken, mit dem sie an der Taille die Hose zusammengebunden haben, man hat dabei bunte Rosenmuster gestickt. Wir fanden kein Foto davon, aber die Gatjehose musste so ähnlich ausgesehen haben, wie die breite weiße Hose der Sternsinger (Bild 1).
Die Gatjehose kam nach dem ersten Weltkrieg komplett aus der Mode. Danach trugen die Sulker Männer Hosen nach der Mode "aus der Stadt", unten mit einem kleinen Aufschlag. Hosen wie auch Jacken wurde aus "Zeigstoff", aus Cordstoff oder aus Duftin angefertigt.
Männer trugen Hemden mit kleinem, nicht steifem Kragen, an Werktagen aus Leinen, an Festtagen aus Chiffon, dazu eine Weste, die einen nicht nur gewärmt, sondern auch das Hemd geschützt hat. Die Westen waren aus Hausleinen, Flanell, Leder oder aus dickem Wollstoff.
Die ältere Mode war ein hoch geschlossener Schnitt mit vielen Knöpfen. Auf den Fotos unten sieht man den Schnitt, der später in Mode kam und tiefer ausgeschnitten war. Festliche Westen waren aus dickem schwarzen Wollstoff, hatten zwei kleine Taschen und verzierte Knöpfe. Nach dem ersten Weltkrieg trugen die Männer an Festtagen auch Anzüge, zu der Weste auch Jacken, die aus dem gleichen Stoff wie die Weste genäht wurden.
Anfang des 20. Jahrhunderts sind die meisten Fotos gestellt und waren in Fotoateliers entstanden. Es ist ein besonderer Anlass, wozu man selbstverständlich das beste Kleid angezogen hat.
Eines der wenigen spontanen Fotos in unserer Sammlung wurde bei der Reparatur des Kirchenturms nach einam Brand aufgenommen. (Vielen Dank an Ángyán Éva für das Foto!). Die Zimmerleute lächeln in gewöhnlicher Arbeitskleidung in der Kamera: Sie tragen einfache Hosen, Hemden mit hochgekrämpeltem Ärmeln, Westen, Hosenträger, Hüte oder Schirmmützen.
Über die Handwerker haben wir auch Fotos in Festtagskleidung gefunden. Sie tragen etwas andere Hemden - mit einem steifen oder modernerem Kragen, dazu modische Krawatten oder Fliegen und auch ein Tuch oben in der Jackentasche.
In den 40er Jahren des 20. Jh-s hat sich die Krawatte auch unter den Bauern verbreitet. Auf dem folgenden Bild aus 1941 sehen wir den Großvater im traditionellen Hemd mit kleinem Kragen, zugeknöpft und ohne Krawatte, den älteren Sohn im moderneren Hemd, aber noch ohne Krawatte, der jüngere Sohn, damals 21 Jahre alt, trägt eine modische gestreifte Krawatte zum Hemd.
Die Sulker Männer trugen in alten Zeiten breitkremplige nicht so hohe Hüte, die man auch "Sulker Hut" nannte. Die Hutmacher aus Barcs haben die Hüte aus schwarzer Wolle hergestellt, die mit einem Seidenband verziert wurden. Früher trugen die kleinen Jungs ab etwa 4 Jahren an Festtagen ähnliche Hüte wie die Erwachsenen. Später kamen höhere Hüte in Mode (Bild unten rechts), und in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts die Schildmütze aus Stoff.
Nach ungarischem Einfluss haben sich im Dorf auch Pelzmützen verbreitet, die die Sulker auf den Jahrmärkten gekauft haben. Im Dorf gab es keine Kürschner. (vgl. Boross Marietta: Sulk. 2004)
Auch die Männer trugen gestrickte Kniestrümpfe aus Wolle und Flachs, die sie mit grobem Hausleinen oder später Fahrradschläuchen besohlt haben. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jh. hatten die Männer auch dicke, oft verfilzte Socken, die sie auf den Jahrmärkten gekauft haben. Die langen Kniestrümpfe haben sie oft über die Hosenbeine gezogen. (Auf dem Bild rechts ein Junge mit seiner Hose in den Kniestrümpfen.)
Im Dorf waren zeitweilig sieben Schuhmacher zur gleichen Zeit tätig. Sie haben schwarze Schnürstiefel aus Boxleder hergestellt, die sehr beliebt waren, aber auch Zugstiefel. Ab etwa 1930 haben vor allem Jüngere auch braune Halbschuhe getragen. Bei schlechtem Wetter trugen auch Männer Holzschuhe über den dicken Wollstrümpfen.
Die Anzüge der Sulker haben die Schneider aus dem Dorf genäht. Herrenschneider: Bigl József, Eppstein József, Volz Jakab, Hildt József und Huber Mihály (19. sz.) Czink János, Bauer János, Huber Mihály und Kempf István (1900-1950), später Balatoni (Balha) András. Hat man über sie gesprochen, nannte man sie auch immer "Huber Schneider" und "Czink Schneider" (wie es im Dorf auch bei einigen anderen Berufen wie den Schmieden der Fall war).
Die Handwerker, so auch die Schneider, konnten nicht rein von ihrem Handwerk leben. Sie haben zwar auch für die Nachbardörfer gearbeitet, um die Familie zu versorgen, haben sie aber auch ihre kleinen Felder bewirtschaftet und im Sommer den Großbauern bei der Ernste und bei der Tabakernte und Tabak-Aufhängen geholfen.
Am Ende des 19. Jh.s sind auch in den Dörfern die Nähmaschinen erschienen und mit ihnen nahm auch die Zahl der Näherinnen zu. Sie haben nicht nur Damenkleider, sondern auch Herrenhemde und Bettwäsche genäht.
Näherinnen im Dorf: Mertz Veronika, Csernyeczki Mária, Váradi Károlyné geb. Huber Éva, Propszt Józsefné geb. Hauzer Jolán), Devecser Jánosné, Németh Györgyné geb. Szehágel Mária), Kovács Jánosné geb. Haász Éva, Maurer Anna, Bándi Jánosné geb. Röszler Erzsébet, Horváth Józsefné geb. Bekk Katalin und Koncz Ferencné geb. Potencz Katalin.
Mit der Verbreitung der Nähmaschine kamen auch neue Kleidungsstücke und neue Schnittmuster in Mode, vor allem bei festlichen Kleidern und Hochzeitskleidern der Handwerkertöchter und -frauen. Auch die Männerjacken wurden nach einem neuen Schnitt mit einer betonten Taille genäht. Die tagtäglich getragenen Kleidungsstücke wurden auch einfacher im Schnitt. (vgl. Károly Manherz - Marietta Boross: Volkstrachten der Ungarndeutschen. Bp. 2000.40.)
Mit dem Nähen von einfacheren Stücken haben die Sulker keine Näherinnen beauftragt, sie nähten sie zu Hause selbst, sie haben früher alles von ihren Müttern gelernt. Auf dem Foto aus 1938 sind die Teilnehmerinnen eines Nähkurses zu sehen: Die Töchter von zugezogenen Handwerkern tragen Kleider nach ungarischer "städtischer" Mode, die Bauernstöchter Tracht. Vorne in der Mitte die Frau im Mantel mit Pelzkragen ist die Kursleiterin aus Barcs.
Im nächsten Blogbeitrag möchten wir weiter beschreiben, wie sich die Sulker - jung und alt - gekleidet haben. Die Tracht wurde sehr streng reglementiert, nach gesellschaftlichem Stand und Alter und nach verschiedenen Anlässen im Jahr und im Familienleben. Die Sulker Mädchen und Frauen folgten genauen Vorschriften, welche Kleidungsstücke, welche Farben, welche Stoffe sie zu bestimmten familiären und kirchlichen Festtagen tragen durften.