2. (D) Woher kamen die Vorfahren der Sulker?
(deutsche Fassung des Blogbeitrags "Honnan jöttek a szulokiak ősei?")
In den Quellen - z.B. in einer Urkunde von König Béla III. für die Johanniter von Székesfehérvár oder im päpstlichen Zehntelregister aus den Jahren 1332-37 - finden wir mehrere Varianten des Dorfnamen: Zoloc, Zulak, Zulok, Szuloh, Szulyok, Szurok. Der Name wird in der Volksetymologie auf das Wort szurok / Pech zurückgeführt, mit der Erklärung, dass hier in der Gegend Pech gebrannt wurde. Forscher plädieren aber eher für die Erklärung, dass der Ortsname von einem Personennamen slawischer Herkunft, Sulk(o) ~ Sulek hergeleitet werden kann, der früher Herr des Dorfes gewesen sein muss. (Quelle)
Während der Türkenherrschaft wurde das ursprüngliche Dorf, das schon im 14. Jahrhundert erwähnt wurde, vollkommen zerstört und erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundertst wieder aufgebaut. Der deutsche Name von Szulok ist Sulk, die Dorfbewohner nennen sich auf Ungarisch auch "szulki" - Sulker.
Szulok war im Besitz der Familie Széchenyi. Graf Ferenc Széchenyi (1754–1820) hat 1814 die Erbschaft seiner drei Söhne geregelt. Den Großteil seiner Ländereien vermachte er als freien Besitz an die Söhne Lajos, Pál und István, zu gleichen Teilen verteilt. Lajos (1781-1855) bekam u.a. Szulok und die zwei benachbarten Dörfer Homokszentgyörgy und Kálmáncsa. Der jüngste - wohl bekannteste - Sohn, István (1791-1860) bekam aus den Ländereien in Somogy (Schomodei) einige Dörfer aus der Nachbarschaft: Csokonya, Gyöngyös, Kútfő-Pußta, Barcs und die umliegenden Wäldereien an der Drau, Darány und Aranyosi Pußta. István hat später, 1834 Csokonya und Barcs an seine Brüder verkauft. (Quelle --> S.3.)
Das heutige Dorf hat die Familie Széchenyi mit deutschen Bauern aus Württemberg besiedelt. Die ersten Siedler kamen 1750/52 aus Owingen am Bodensee.
Die ersten Siedler - die Gruppe der Dorfgründer - waren:
Petrus Fritz, Ignatius Zoha, Johannes Schneider, Laurentius Miller, Johannes Vitmann (Wittmann), Joannes Poss, Josephus Frank, Michael Weinhardt (Vainhart), Adamus Mihlisz, Georgius Prandner, Nicolaus Paur, Josephus Chiner, Michael Naypaur.
Einige Namen davon finden wir, evtl. in anderer Schreibweise (Fritz, Poósz, Frank, Bauer) auch heute noch im Dorf.
Die Quelle, in der die Liste zu finden ist - „Praemisse Neoimpopulatae Possesionis Szulok 1717" – wurde aufgrund eines Fehlers der Administration mit dem Vermerk 1717 versehen. Bognár Tibor, ein Archivar in Kaposvár, der aus Szulok stammt, hat nachgewiesen, dass die Dorfgründung von Szulok mit dem Siedlungsvertrag vom 1. Mai des Jahres 1750 datiert werden kann. Szulok wird vor 1750 weder in den Steuerlisten des Komitats noch im Zehntelregister erwähnt.
Die ersten Siedler hatten die Aufgabe, das versumpfte und von Wald überwucherte Gebiet zu befreien - auf der Karte aus 1782-85 sind die sumpfigen Gebiete nördlich und südlich des neu angelegten Dorfes gut erkennbar.
In den Quellen wird erwähnt, dass die ersten Siedler fast ausnahmslos zum Opfer von Malaria wurden.
Die große Einwanderung aus Owingen und aus anderen Ortschaften in Württemberg fand zwischen 1768-1771 statt. Im Jahre 1771 wohnten bereits 73 Personen aus Owingen in Szulok. In einer Studie von Mészáros Ádám finden wir noch weitere Namen, darunter viele aus Owingen. (Vermutlich waren die erwähnten Hubers - Clemens und Andreas - die Vorfahren von meinem Mann, Huber Antal...)
Erklärung zur Übersicht: gyerek = Kind, feleség = Ehefrau, özvegy = Witwe/r)
Aus der obigen Liste lässt sich bis auf "Krauchenwies" jede Ortschaft im heuten Baden-Württemberg finden, Wessing als Wessingen, Endermettingen als Untermettingen.
In der Karte kann man eine größere Anhäufung von Markierungen entdecken: Es sind 8 benachbarte Dörfer, die alle an der gleichen Landstraße liegen. Die Erklärung ist wohl, dass die Werbetexte der ungarischen Landbesitzer von den örtlichen Beauftragten vorgelesen oder als Flugblatt vertrieben wurden, die von Dorf zu Dorf zogen.
Szulok wurde in mehreren Schüben besiedelt, später kamen - dann schon überwiegend unorganisiert - deutsche Siedler aus unterschiedlichen Gegenden, u.a. auch aus Hessen, was auch der dialektale Mischcharakter des Sulker Dialekts unterstützt.
Die Besiedlung Ungarns wurde damals notwendig, weil die Bewohner im mittleren Teil Ungarns infolge der 150 Jahre währenden Türkenherrschaft und der fortlaufenden Kriege geflüchtet sind oder vom türkischen Heer verschleppt wurden. Die Bevölkerung nahm bis Anfang 18. Jh. - vor allem im mittleren und südlichen Teil des Landes - drastisch ab.
Auf der folgenden Karte ist Ungarn während der Türkenherrschaft dargestellt: Die gelb markierten Gebiete waren von Türken besetzt. Hier wurden dann im 18. Jahrhundert die Ungarndeutschen / Donauschwaben (auf Ungarisch svábok - "die Schwaben") eingesiedelt: Das Gebiet wird oft auch als "Schwäbische Türkei" bezeichnet.
Die Großbesitzer hatten großes Interesse daran, die abgewanderten oder verschleppten Leibeigenen durch arbeitsfähige und -willige Bauer zu ersetzen. Die Habsburger hatten bei der Neubesiedlung auch religiöse Gründe.
"In den deutschen Gebieten standen die Landbesitzer der Auswanderung von unternehmungslustigen Handwerkern und denjenige Bauern nicht im Wege, die wegen des Erbrechts später nicht selbstständig wirtschaften durften. Die Großbesitzer in Ungarn, die die Besiedlung organisiert haben, waren nicht gezwungen, jedem Siedler Wohnrecht zu erteilen. Sie konnten zur Bedingung stellen, dass die Siedler min. 200 Gulden Besitz mitführen, womit sie in der neuen Heimat ihren Hof aufbauen konnten. Außer Grundstück und Land zum Bebauen haben sie damals noch wenig erhalten, aber dank ihrer fleißigen Arbeit und Ausdauer haben sie innerhalb einer Generation das damalige fast unbewohnte und zerstörte Land wieder zum Aufblühen gebracht." Quelle
Die Quellen aus der Zeit belegen, dass den deutschen Siedlern per Dekret versichert wurde, was ihnen rechtlich zusteht: Die Größe des Grundstücks, auf dem sie ihr Haus bauen konnten, die Menge und Art des Baumaterials, das sie bekamen, die Größe des Landes, das sie bebauen konnten, die Anzahl des Viehs, und auch, wie lange sie steuerfrei waren bzw. wieviel Steuer sie nach Ablauf der steuerfreien Periode zu zahlen hatten.
Auf dieser Grundlage ließen die Großgrundbesitzer die Werbebriefe aufsetzen, die sie in die deutschen Herzogtümer verschickt haben. Diese Texte gelten als erste Werbetexte in Europa.
Unten der Originaltext des ersten vorliegenden Werbebriefes aus dem Jahre 1718, den der deutsche Vertreter von Dőry László aus Jobaháza (Komitat Tolna) formuliert und als Flugblatt in Württemberg verbreitet hat.
(Für uns auch persönlich von Interesse: Infolge diesen Werbebriefes kamen wohl die Deutschen nach Tevel, woher die Familie meines Vaters, die Ammas stammen...- H.A.)
Es wird jedermann kundgemacht, daß die, welche mit vorheriger Benachrichtigung und Einverständnis Ihrer etc. gnädigen Herrschaften Lust haben, sich in dem Gebiet und der Herrschaft des Agenten Herrn Ladislaus Döry von Jobaháza, im Komitat Tolnau oberhalb von Fünfkirchen liegend, mit ihrem Haushalte niederzulassen, sich bei Herrn Inneren Rat und Gröttmeister (?) Franz Felbinger in Biberach anzumelden haben. Dieser, mit Vollmacht versehen, wird dann dem zu ihm Kommenden an einem fruchtbaren, mit Brunnenquell und Waldungen versehenen Ort als Eigentum einräumen: 30 Joch Acker, 8 Tagewerk Wiesen, 16 Tagewerk brachliegende Weinberge, einen Platz für Haus und Garten mit einer Breite von 18 und einer Länge von 45 Klaftern.
Holz zum Bauen wird umsonst gegeben, zum Brennen zu leidlichem Preise. Drei Jahre sind abgabefrei, es gibt keine Leibeigenschaft, frei ist das Weinschenken von Michaelis bis Weihnachten, eine Weide von 20-25 Stück Vieh wird gestellt, Schafe und Schweine nicht inbegriffen.
Dafür gibt jeder, der dorthin geht, 50 Gulden, und zwar je eine Hälfte beim Antritt und nach 2 Jahren, nach 3 freien Jahren gibt jeder in 2 Abschnitten jährlich 5 Gulden, 9 Tage Frondienst mit der Hand und 9 mit dem Zug oder Pflug, dann jedes Jahr 1 Fuhr von 6 Meilen Weg, auch gibt jeder von 20 Schweinen 1 Schwein. Quelle
In späteren Quellen - z.B. im Siedlungspatent von Josef II. aus dem Jahre 1782 - wird auch erwähnt, unter welchen Voraussetzungen Handwerker ansiedeln konnten, die die größtenteils von Bauern bewohnten Dörfer gebraucht haben, zum Haus bauen, Werkzeug herstellen und instand halten, Pferde beschlagen, Kleider nähen und Schuhe herstellen...
Viertens: Die Handwerker und die Meister hingegen haben sich bloß deren in der Hauswirtschaft nötigen Geräte zu erfreuen: wo nebstbei aber den Handwerkern für die Anschaffung ihrer Handwerksgeräte 50 rheinische Gulden in Bar sollen ausgezahlt werden. ... Achtens: Endlich wird diesen Reichseinwanderern von dem Tag ihrer Ansiedlung an, durch ganze zehn Jahre die Freiheit zugesichert, binnen welcher Zeit solche von allen Landes- und Herrschaftssteuern, Abgaben und Lasten, wie sie auch Namen haben möchten, gänzlich befreit sein und verbleiben sollen.Nach Ablauf dieser zehn freien Jahre aber sind sie verbunden eine erträgliche, landesübliche Steuerabgabe, so wie andere Landeseinwohner, zu entrichten. Welchen Entschluß und Willensmeinung wir zur Steuer der Wahrheit mit dieser Urkunde besiegelt mit unserem kaiserlich-königlichen aufgedrückten heimlichen Siegel bestätigen, so gegeben Wien, am 21. September, Anno siebzehnhundertzweiundachtzig. (Auszug aus dem Siedlungspatent von Josef II., 1782)
Die Siedler, die nach Szulok kamen, waren römisch katholisch. Die erste Kirche, damals noch aus Holz und Stein gebaut, wurde 1761 eingeweiht. Die Pfarrei wurde 1763 gegründet. Die erste Kirche wurde später baufällig und 1800 errichteten die Sulker an der gleichen Stelle die neue Kirche und weihten sie dem Hl. Simon und dem Hl. Judas Taddäus.
Die Sulker haben auf dem sandigen Gebiet vorrangig Kartoffel und Tabak angebaut und das Dorf entwickelte sich konstant weiter. Nach 1800 kamen keine neuen deutschen Siedler mehr nach Szulok.